Begleitung Chats

Zuletzt geändert von Inga Klas am 2022/10/11 15:39

Grundlagen guter digitaler Kommunikation vermitteln

Eltern können mit ihren Kindern üben, was später für größere und offene Gruppen wichtig wird:

  • Kommunikation mit Respekt: keine Beleidigungen oder Beschimpfungen in Chats, andere nicht mit zu vielen Nachrichten belästigen, Konflikte offline klären
  • Rechte anderer beachten: keine vertraulichen Informationen weitergeben, keine Bilder und Videos aufnehmen oder veröffentlichen, persönliche Daten niemandem weitergeben)
  • Eigene Bedürfnisse beachten:  Lernen, sich vor Situationen zu schützen, die nicht gut für mich sind. Lernen nein zu sagen. 
  • Ausgleich zur digitalen Welt: Angebote unterstützen, bei denen die Kinder einen Ausgleich ohne digitale Geräte finden.  
  • Risiken erkennen und abwehren: Gemeinsame Nutzung von Chats, Social Media und Gaming, um gemeinsam  zu lernen, sich in diesen Welten sicher zu bewegen, z.B. Welche Kontakte füge ich zu meinen Freunden hinzu? Wie wehre ich mich, wenn mich jemand im Netz beleidigt? Welche persönlichen Daten muss ich besonders schützen?

Auswahl des Programms & Einstellungen

WhatsApp ist zwar das am weitesten verbreitete Chat-Programm, jedoch bringt es einige Probleme mit sich:

Alternativen bieten bei gleichen Funktionen einen guten Datenschutz und (zumindest aktuell noch) weniger potenzielle Interaktionen

Wenn ihr nicht gleich alle Bekannten davon überzeugen könnt, zu einer Alternative zu wechseln, startet erst mal in der Familie und versucht eure engsten Kontakte zu einem Wechsel zu überzeugen. Am besten installiert ihr gemeinsam die App und begleitet eure Bekannten bei der ersten Nutzung.

Ihr könnt in Chat-Programmen viele Einstellungen vornehmen, die eure Kinder im Netz schützen. Auch hier hilft euch wieder die Webseite https://www.medien-kindersicher.de/ , um die richtigen Einstellungen zu finden. Unter anderem sind das: 

  • Konto vor fremdem Zugriff schützen:
    • Gerät mit einem PIN, Passwort o.ä. schützen
    • Zweifaktor-Authentifizierung nutzen (zum Login in den Chat werden Passwort und zusätzlich z.B. ein E-Mail PIN benötigt)
    • Chat-App mit PIN oder Passwort schützen
  • Veröffentlichung persönlicher Informationen einschränken:
    • Anzeige der Telefonnummer verhindern
    • Keine persönlichen Informationen im Chatnamen preisgeben, wie vollständiger Name, Wohnort oder Geburtsdatum
    • Profilfoto und Profilinformationen nur den bestätigten Kontakten anzeigen
    • Anzeige des Profils in Suchergebnissen verhindern
  • Hinweistöne und visuelle Signale reduzieren:
    • Signaltöne und Vibration abschalten, auf jeden Fall Lautstärke reduzieren
    • Visuelle Benachrichtigungen einschränken
    • Nicht-stören Modus aktivieren
  • Nutzung persönlicher Daten beschränken:
    • Werbe- und Analysezwecken widersprechen
  • Kontaktaufnahmen beschränken:
    • Chats und Anrufe durch unbekannte Teilnehmende deaktivieren
    • Hinzufügen zu Gruppen deaktivieren
    • Aktivitätszustände verbergen:
    • “Zuletzt online” Anzeige deaktivieren
    • Anzeige, dass getippt wird, deaktivieren
    • Lesebestätigung deaktivieren (nimmt den Druck, sofort antworten zu müssen)
  • Zugriff auf Daten außerhalb der App beschränken:
    • ​​​​​​​Synchronisierung des Adressbuchs abschalten
    • Zugriffsrechte auf Dateien, Medien, Kamera, Mikrofon prüfen und deaktivieren falls nicht benötigt

Chatten lernen

Die Nutzung eines Chat-Programms muss genauso gelernt werden wie Telefonieren. Dabei geht es um Themen, wie Höflichkeit und Regeln für den Umgang miteinander. Dass digitale Kommunikation ihre Probleme haben kann, war schon in den Anfangsjahren des Internet bekannt. Bereits 1995 wurden Grundregeln für den Umgang in der digitalen Kommunikation festgelegt, in der so genannten "Netiquette": https://www.rfc-editor.org/rfc/rfc1855 

Kinder sollten die Nutzung von Chats zuerst im kleinen Rahmen lernen und dann Schritt für Schritt die Apps eigenständig nutzen:   

  1. Nutzung in der Familiengruppe starten: Startet mit einer kleinen, übersichtlichen Gruppe. Hier lernen die Kids die Grundlagen:
    • Wie schreibe ich NachrichtenW?
    • Wie oft kann ich Nachrichten schicken, ohne dass es jemanden nervt?
    • Wie gehe ich mit Fotos und Videos um, auf denen Personen abgebildet sind? (immer das Einverständnis der Person einholen, auch Eltern bei ihren Kindern)
    • Chat-Nachrichten können leicht missverstanden werden (immer so klar wie möglich ausdrücken, Streit keinesfalls im Chat klären, sondern immer persönlich).   
  2. Beste Freunde dazu nehmen: Funktionieren die Grundlagen, können die Kinder weitere Personen hinzufügen. Zunächst nur die engsten Freundinnen oder Freunde. Hier können sie ohne große Risiken die ersten "unbeaufsichtigten" Schritte im Chat unternehmen. Sprecht regelmäßig mit den Kindern über ihre Erfahrungen, ob es gut läuft oder ob es noch Probleme gibt.  
  3. Kontakte gemeinsam erweitern: Sobald Stufe 2 gut läuft, können die Kids gemeinsam mit euch weitere Kontakte hinzufügen. Überprüft Kontaktanfragen so lange gemeinsam, bis euer Kind sich sicher fühlt, alleine zu entscheiden. Sprecht vor allem auch über das Thema falsche Identitäten im Netz und erklärt euren Kindern, wie einfach es ist, sich für jemand anderen im Netz auszugeben. Kinder sollten hier die grundlegenden Abwehrmechanismen lernen: Kontakte stumm schalten, blocken und melden. Vereinbart auf jeden Fall, dass das Kind sich immer dann Unterstützung holt, wenn es sich nicht ganz sicher ist.    
  4. Freie Wahl von Chatprogramm und Kontakten: mit ca. 14-16 Jahren sollten die Kids in der Lage sein, Chatprogramme ohne Unterstützung zu nutzen.  

Klassenchat

Klassenchats bringen sehr große Risiken mit sich. Ihr solltet deswegen versuchen, eure Kids so lange wie möglich von diesen Gruppen fernzuhalten. In einer unbeaufsichtigten Kinder-Chat-Gruppe tritt leider das Maximum an Konflikten zu Tage:

  • Cybermobbing: Im Chat fallen viele Hemmschwellen, die es im direkten Kontakt gibt. Es fehlen zudem eine Menge Signale, die mir zeigen, wie es dem Gegenüber geht. Entsprechend erkennen Tatpersonen im Chat häufig nicht, wie sehr sie ein Opfer verletzten. 
  • Teilen nicht-altersgerechter Inhalte: Klassenchats dienen auch dazu, die Hierarchie innerhalb der Gruppe auszuhandeln. Das Teilen von erschreckenden und verstörenden Inhalte gilt als vermeintliches Zeichen von Stärke. Hierzu gehören Gewaltdarstellungen, Pornographie, Hass- und Hetzinhalte, Kettenbriefe.
  • Beleidigungen und Beschimpfungen: Da wir bei digitaler Kommunikation viele Signale des Gegenübers nicht wahrnehmen (Gestik, Mimik, Stimmlage), geraten wir auf digitalen Kanälen leichter in eine Auseinandersetzung. Es fehlt auch die direkte soziale Kontrolle, z.B. durch die Blicke der Anderen oder dadurch, dass sich Leute von einem Gespräch entfernen. Als Ergebnis treten in Chats häufiger als im direkten Kontakt Beleidigungen und Beschimpfungen auf.  
  • Teilen von Fotos und Videos ohne Zustimmung: Viele Kinder haben das Smartphone ständig bei sich und damit die Möglichkeit zu fotografieren und zu filmen. Inhalte werden häufig ohne das Wissen oder die Zustimmung von Personen angefertigt und ebenfalls ohne Einwilligung öffentlich geteilt. Der Klassenchat bietet Tatpersonen hierfür eine gute Bühne, da man das direkte Umfeld der Betroffenen erreicht.
  • Zu viele Nachrichten: Klassenchats haben häufig ein sehr hohes Nachrichtenaufkommen. Über ein Wochenende kommen leicht mehrere tausend Nachrichten zusammen, die zu allen Tages- und Nachtzeiten geschickt werden. Damit entsteht eine hohe Informationslast und Stress, die vor allem jüngere Kinder kaum bewältigen können. Schutzmechanismen, wie stummschalten oder die Gruppe verlassen, wurden häufig noch nicht geübt. Gleichzeitig besteht auch die Angst, etwas Wichtiges zu verpassen. 
  • Streit über Gruppenverwaltung: Viel Streit entsteht über die Frage, wer in den Klassenchat rein darf und wer aus der Gruppe entfernt werden soll. Für Kinder ist es sehr schwierig, die Rolle des Administrators alleine zu übernehmen, allen gerecht zu werden und auch Streit gut klären zu können.       

Wie kann man sich vor Problemen in Klassenchats schützen?

  • Besser als Chatgruppen mit der ganzen Klasse sind kleinere Chatgruppen. In der Regel sind 2-3 Leute ausreichend, um sich über die notwendigen Dinge, wie Hausaufgaben oder Arbeiten auszutauschen.  
  • Sobald eine Lehrkraft mit im Chat ist, verringern sich die Risiken deutlich. Dies funktioniert allerdings nur in schuleigenen Chatsystemen, z.B. auf der Lernplattform oder in einem schuleigenen Chatprogramm. Die Nutzung von WhatsApp ist für Lehrkräfte nicht zugelassen. Und natürlich bilden sich außerhalb des begleiteten Chats neue, unbegleitete Chaträume.
  • Umgang mit der Chatgruppe in der Schule lernen: Ideal ist es, wenn Schulklassen die Chatnutzung im Unterricht besprechen und sich gemeinsam auf Regeln für den Chats einigen. Hierzu gehört auch eine Vereinbarung, was passiert, wenn sich Leute nicht an die Chatregeln halten.   
  • Auf WhatsApp verzichten: Kinder brauchen keinen Klassenchat, um gut durch die Schulzeit zu kommen. Wer kein WhatsApp nutzt, ist auch 99% aller Klassenchats ohne raus. Eltern können ihr Kinder darin bestärken, sich diesem Gruppenzwang nicht auszusetzen und es stattdessen dabei unterstützen in alternativen Chatprogrammen eine kleine aber dafür umso wertvollere Kontaktgruppe zu erstellen.  

Weiterführende Informationen

 

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