Begleitung Chats

Zuletzt geändert von Inga Klas am 2024/11/20 19:31

Unser wichtigster Tipp: Chatten zuerst in der Familiengruppe lernen

Kinder lernen die wichtigsten Grundlagen für Chatprogramme am besten im kleinen Rahmen der Familiengruppe. Erst wenn die Kinder die Funktionen und Regeln dort gut beherrschen, sollten sie einige wenige enge Freundinnen und Freunde als Kontakte hinzufügen. Erst wenn das gut klappt, sind die Kinder bereit für größere Chatgruppen.

Vater mit Tochter und Smartphone

Inhalt


 1. Grundlagen guter digitaler Kommunikation vermitteln 

In der Familiengruppe können Eltern und Kinder die Grundlagen guter Kommunikation üben. Dass digitale Kommunikation problematisch sein kann, war schon in den Anfangsjahren des Internet bekannt. Bereits 1995 wurden Grundregeln für den Umgang in der digitalen Kommunikation festgelegt, in der so genannten "Netiquette": https://www.rfc-editor.org/rfc/rfc1855. Daran sollten sich auch die Erwachsenen in der Gruppe halten:

Respekt

  • keine Beleidigungen
  • keine Beschimpfungen
  • keine Drohungen
  • andere nicht mit zu vielen Nachrichten belästigen
  • Konflikte nie im Chat, sondern immer im persönlichen Gespräch klären
  • keine Inhalte verschicken, die andere ängstigen oder verstören könnten

Rechte der anderen achten

  • keine vertraulichen Informationen weitergeben
  • keine Bilder und Videos aufnehmen oder veröffentlichen
  • keine persönliche Daten weitergeben, ohne bei der Person nachzufragen.
  • rechtliche Grundlagen im Netz kennenlernen - siehe auch Prävention von Straftaten im Netz

Auf eigene Bedürfnisse achten

  • Lernen nein zu sagen und Grenzen zu setzen.
  • Wenn die Menge an Informationen zu groß wird, Benachrichtigungen abschalten oder Gruppen verlassen.
  • Lernen, auch mal nicht direkt zu antworten und aushalten, wenn man nicht direkt eine Antwort bekommt.

 2. Auswahl Programm & Einstellungen 

WhatsApp...

ist zwar das am weitesten verbreitete Chat-Programm, es bringt jedoch einige Probleme mit:

Alternativen zu WhatsApp...

bieten bei gleichen Funktionen einen guten Datenschutz und (zumindest aktuell noch) weniger potenzielle Interaktionen. Wenn ihr nicht gleich alle Bekannten davon überzeugen könnt, zu einer Alternative zu wechseln, startet erst mal in der Familie und versucht eure engsten Kontakte zu einem Wechsel zu überzeugen. Am besten installiert ihr gemeinsam die App und begleitet eure Bekannten bei der ersten Nutzung.

Einstellungen

Ihr könnt in Chat-Programmen viele Einstellungen vornehmen, die eure Kinder im Netz schützen. Auch hier hilft euch die Webseite https://www.medien-kindersicher.de/ , um die richtigen Einstellungen zu finden. Unter anderem sind das: 

  • Konto vor fremdem Zugriff schützen:
    • Gerät mit einem PIN, Passwort o.ä. schützen
    • Zweifaktor-Authentifizierung nutzen (zum Login in den Chat werden Passwort und zusätzlich z.B. ein E-Mail PIN benötigt)
    • Chat-App mit PIN oder Passwort schützen
  • Sichtbarkeit von persönlichen Informationen beschränken:
    • Anzeige der Telefonnummer verhindern
    • Keine persönlichen Informationen im Chatnamen preisgeben, wie vollständiger Name, Wohnort oder Geburtsdatum
    • Profilfoto und Profilinformationen nur den bestätigten Kontakten anzeigen
    • Anzeige des Profils in Suchergebnissen verhindern
  • Hinweistöne und visuelle Signale reduzieren:
    • Signaltöne und Vibration abschalten, auf jeden Fall Lautstärke reduzieren
    • Visuelle Benachrichtigungen einschränken
    • Nicht-stören Modus aktivieren
  • Nutzung persönlicher Daten beschränken:
    • Werbe- und Analysezwecken widersprechen
  • Kontaktaufnahmen beschränken:
    • Chats und Anrufe durch unbekannte Teilnehmende deaktivieren
    • Hinzufügen zu Gruppen deaktivieren
    • Aktivitätszustände verbergen:
      • “Zuletzt online” Anzeige deaktivieren
      • Anzeige, dass getippt wird, deaktivieren
      • Lesebestätigung deaktivieren (nimmt den Druck, sofort antworten zu müssen)
  • Zugriff auf Daten außerhalb der App beschränken:
    • ​​​​​​​Synchronisierung des Adressbuchs abschalten
    • Zugriffsrechte auf Dateien, Medien, Kamera, Mikrofon prüfen und deaktivieren falls nicht benötigt

 3. Chatten lernen 

Kinder müssen die Nutzung eines Chat-Programms genauso lernen, wie jedes andere Programm auch. Ideal ist es, wenn Kinder dies in einem kleinen, geschützten Rahmen, wie zum Beispiel der Familiengruppe tun:   

  1. Nutzung in der Familiengruppe starten: Startet mit einer kleinen, übersichtlichen Gruppe. Hier lernen die Kids die Grundlagen:
    • Wie schreibe ich Nachrichten?
    • Wie oft kann ich Nachrichten schicken, ohne dass es jemanden nervt?
    • Wie gehe ich mit Fotos und Videos um, auf denen Personen abgebildet sind? (immer das Einverständnis der Person einholen, auch Eltern bei ihren Kindern)
    • Chat-Nachrichten können leicht missverstanden werden. Immer so klar wie möglich ausdrücken und Streit keinesfalls im Chat klären, sondern immer persönlich.   
  2. Beste Freunde dazu nehmen: Beherrschen die Kinder die Grundlagen, können sie weitere Kontakte hinzufügen, z.B. die engsten Freundinnen oder Freunde. Hier können sie ohne große Risiken die ersten "unbeaufsichtigten" Schritte im Chat unternehmen. Sprecht regelmäßig mit den Kindern über ihre Erfahrungen, ob es gut läuft oder ob es Probleme gibt.  
  3. Kontakte gemeinsam erweitern: Sobald Stufe 2 gut läuft, können die Kids gemeinsam mit euch weitere Kontakte hinzufügen. Überprüft Kontaktanfragen so lange gemeinsam, bis euer Kind sich sicher fühlt, alleine zu entscheiden. Sprecht vor allem auch über das Thema falsche Identitäten im Netz und erklärt euren Kindern, wie einfach es ist, sich für jemand anderen im Netz auszugeben. Kinder sollten hier die grundlegenden Abwehrmechanismen lernen: Kontakte stumm schalten, blocken und melden. Vereinbart auf jeden Fall, dass das Kind sich immer dann Unterstützung holt, wenn es sich nicht ganz sicher ist.    
  4. Freie Wahl von Chatprogramm und Kontakten: mit ca. 14-16 Jahren sollten die Kids in der Lage sein, Chatprogramme ohne Unterstützung zu nutzen.  

 4. Klassenchat 

Klassenchats bringen sehr große Risiken mit sich. Ihr solltet deswegen versuchen, eure Kids so lange wie möglich von diesen Gruppen fernzuhalten. Sind viele Kinder zusammen in einer unbeaufsichtigten Chat-Gruppe, eskaliert es leider schnell:

  • Cybermobbing: Im Chat fallen die Hemmschwellen viel früher, als im direkten Kontakt. Es fehlen Signale, die mir zeigen, wie es dem Gegenüber geht. Entsprechend erkennen Tatpersonen im Chat häufig nicht, wie sehr sie ein Opfer verletzen. 
  • Teilen nicht-altersgerechter Inhalte: Klassenchats dienen auch dazu, die Hierarchie innerhalb der Gruppe auszuhandeln. Das Teilen von erschreckenden und verstörenden Inhalte gilt als vermeintliches Zeichen von Stärke. Hierzu gehören Gewaltdarstellungen, Pornographie, Hass- und Hetzinhalte, Kettenbriefe. Sprecht mit euren Kindern darüber, wie sie mit solchen Inhalten umgehen können und was sie in so einer Situation tun können.
  • Beleidigungen und Beschimpfungen: Da wir bei digitaler Kommunikation viele Signale des Gegenübers nicht wahrnehmen (Gestik, Mimik, Stimmlage), geraten wir auf digitalen Kanälen leichter in eine Auseinandersetzung. Es fehlt auch die direkte soziale Kontrolle, z.B. durch die Blicke der Anderen oder dadurch, dass sich Leute von einem Gespräch entfernen. Als Ergebnis treten in Chats häufiger als im direkten Kontakt Beleidigungen und Beschimpfungen auf.  
  • Teilen von Fotos und Videos ohne Zustimmung: Viele Kinder haben das Smartphone ständig bei sich und damit die Möglichkeit zu fotografieren und zu filmen. Inhalte werden häufig ohne das Wissen oder die Zustimmung von Personen angefertigt und ebenfalls ohne Einwilligung öffentlich geteilt. Der Klassenchat bietet Tatpersonen hierfür eine gute Bühne, da man das direkte Umfeld der Betroffenen erreicht.
  • Zu viele Nachrichten: Klassenchats haben häufig ein sehr hohes Nachrichtenaufkommen. Über ein Wochenende kommen leicht mehrere tausend Nachrichten zusammen, die zu allen Tages- und Nachtzeiten geschickt werden. Damit entsteht eine hohe Informationslast und Stress, den vor allem jüngere Kinder kaum bewältigen können. Besprecht mit den Kindern deswegen Schutzmechanismen, wie Stummschalten oder die Gruppe verlassen, um sich selbst zu schützen. 
  • Streit über Gruppenverwaltung: Viel Streit entsteht über die Frage, wer in den Klassenchat rein darf und wer aus der Gruppe entfernt werden soll. Für Kinder ist es sehr schwierig, die Rolle des Administrators alleine zu übernehmen, allen gerecht zu werden und auch Streit gut klären zu können. Idealerweise sollte diese Aufgabe mit der gesamten Klasse besprochen werden und gemeinsam eine Lösung vereinbart werden.      

Schutz vor Problemen in Klassenchats

  • Kleine Chatgruppen: 2-3 Leute sind ausreichend, um sich über die notwendigen Dinge, wie Hausaufgaben oder Arbeiten informiert zu sein. 
  • Sobald eine Lehrkraft mit im Chat ist, verringern sich die Risiken deutlich. Dies funktioniert allerdings nur in schuleigenen Chatsystemen, z.B. auf der Lernplattform oder in einem schuleigenen Chatprogramm. Die Nutzung von WhatsApp ist für Lehrkräfte nicht zugelassen. Und natürlich bilden sich außerhalb des begleiteten Chats neue, unbegleitete Chaträume.
  • Umgang mit der Chatgruppe in der Schule lernen: Ideal ist es, wenn Schulklassen die Chatnutzung im Unterricht besprechen und sich gemeinsam auf Regeln für den Chats einigen. Hierzu gehört auch eine Vereinbarung, was passiert, wenn sich Leute nicht an die Chatregeln halten.   
  • Auf WhatsApp verzichten: Kinder brauchen keinen Klassenchat, um gut durch die Schulzeit zu kommen. Eltern sollten ihr Kinder darin bestärken, sich diesem Gruppenzwang nicht auszusetzen und es stattdessen dabei unterstützen in alternativen Chatprogrammen eine kleine aber dafür umso wertvollere Kontaktgruppe zu erstellen.  

 5. Weiterführende Informationen 

Im Wiki

Im Web


Bildquellen: https://www.pexels.com/photo/father-and-daughter-using-cellphone-7414069/